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Rund 300 Gläubige aus der Diözese nehmen am Abschluss des Jubiläums „100 Jahre Patrona Bavariae“ in München teil.

Welches Volk kann schon von sich behaupten, dass es die Gottesmutter als Herzogin und Schutzherrin an seiner Spitze stehen hat? Schon vor 400 Jahren hat Herzog Maximilian I. das Land Maria anvertraut.

Ein eigenes kirchliches Fest gibt es für die Patrona Bavariae seit 1917. Das Jubiläum der Himmelskönigin hatten am 13. Mai auf dem Münchner Marienplatz etwa 10000 Gläubige gemeinsam mit den bayerischen Bischöfen – unter ihnen auch Würzburgs Bischof Friedhelm und Weihbischof Ulrich Boom – gefeiert. Seit 2011 sind Gläubige aus jeder der sieben bayerischen Diözesen an einen Marienwallfahrtsort in eine der bayerischen Diözesen, gepilgert – so auch im Sommer 2014 ins Bistum Würzburg nach Retzbach. In München fanden nun zum Jubiläum die mehrjährigen Sternwallfahrten ihren Abschluss.

Aus sieben Richtungen strömen sie in einer Sternprozession herbei: die Gläubigen aus der Diözese Augsburg vom Stachus, die Bamberger vom Jakobsplatz, die Eichstätter vom Isartor, die Passauer vom Odeonsplatz, die Regensburger vom Marstallplatz, die Würzburger vom Max-Joseph-Platz und die gastgebenden Münchner vom Sendlinger Tor.

Kurz nach 15 Uhr setzt sich der Münchner Zug mit einem „Auf geht’s“ in Bewegung. Vorne weg tragen Ministranten eine Fahne mit der Abbildung der Patrona Bavariae. Daran schließen sich Kardinal Reinhard Marx, die Weihbischöfe und Domkapitulare sowie Diözesanratsvorsitzender Hans Tremmel an. Dahinter schreiten Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem in elfenbeinweißen Mänteln mit roten Kreuzen, Mitglieder des Deutschen Ordens in schwarzen Umhängen und Georgsritter in hellblauen Samttalaren, gefolgt von Maltesern sowie Gebirgsschützen, Musikanten und Trachtlern in ihren Lederhosen und Dirndl. Zahlreiche Verbände und Vereine haben ihre Fahnen mitgebracht, auf etlichen ist ebenfalls die Gottesmutter abgebildet.

Viele Prozessionsteilnehmer haben sich die eigens für diesen Anlass gefertigen hellblauen Pilgerschals umgebunden: Auch darauf ist die Patrona Bavariae vom Marienplatz zu sehen, und das Motto der Jubiläumsfeier zu lesen: „Mit Maria auf dem Weg – Mitten im Leben.“

Unterfranken dabei

Unter den dicht gedrängt auf dem Marienplatz versammelten Gläubigen sind auch Hunderte Würzburger, die in einem halben Dutzend Bussen angereist sind; drei allein hat das Würzburger Pilgerbüro organisiert, einen weiteren beispielsweise die Gehörlosen-Seelsorge.

Bevor der Münchner Kardinal Reinhard Marx das Wort an die Gläubigen richtet, begrüßt Weihbischof Wolfgang Bischof, der Beauftragte der Freisinger Bischofskonferenz für den Glaubens- und Gebetsweg anlässlich dieses Jubiläums, die Pilgerschar. Das Rathaus ist wie zu Fronleichnam mit roten Tüchern und Fahnen in den Stadt-, Landes- und Kirchenfarben geschmückt. Davor ist eine Altarinsel aufgebaut. Zur Neufassung eines Marienlieds aus der Zeit des bayerischen Kurfürsten Maximilian I. ziehen der liturgische Dienst und die Bischöfe ein. Über Jahrhunderte sei Bayern ein Land, in dem die Gottesmutter in besonderer Weise verehrt werde, sagt Kardinal Marx eingangs. „Wir wollen es heute unterstreichen und betonen und weiterführen in die Zukunft hinein.“

In seiner Predigt führt er aus: „Es gibt keinen Weg der Kirche ohne Begleitung der Gottesmutter Maria. Sie ist eine zentrale biblische Gestalt, die uns auch ökumenisch verbindet.“ An dieser Stelle dankt der Kardinal den Vertretern der anderen christlichen Konfessionen für ihr Kommen – die Menschen applaudieren.

Mit dem Jubiläum zum 100. Hochfest „Patrona Bavariae“ verbinde sich der Auftrag, die christliche Hoffnung in die Gesellschaft – die Politik, die Wirtschaft, die Kultur – hineinzutragen. An dieser Stelle grüßt Kardinal Marx besonders den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Herzog Franz von Bayern, das Oberhaupt des Hauses Wittelsbach, aus dem auch der Begründer des Hochfestes stammte.

Weihe an Maria

Am Ende des Gottesdienstes erneuert Kardinal Marx die Weihe an Maria. „Wir tun
dies für unser eigenes Leben, für das Leben derer, die uns anvertraut sind, und wir tun es für ganz Bayern“, erläutert Münchens Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg. Dann ziehen der Altardienst und
die Bischöfe zu dem von einem russisch-orthodoxen Chor vorgetragenen „Ave Maria“ hinüber zu der mit einer grünen Girlande geschmückten Mariensäule.

Dort kniet Kardinal Marx nieder und betet: „Sei du die Patronin des Landes Bayern auch in dieser Zeit. In dem Streit der Parteien sei du Versöhnung und Friede; in den Weglosigkeiten unserer offenen Fragen zeige uns den Weg; die Streitenden versöhne, die Müden erwecke; gib den Misstrauischen ein offenes Herz, den Verbitterten Trost, den Selbstsicheren Demut, den Ängstlichen Zuversicht, den Vorwärtsdrängenden Besonnenheit, den Zaudernden Mut, uns allen aber die tröstende Zuversicht unseres Glaubens.“

Weiss-Blauer Himmel

Als Schlusslied wird die Bayernhymne angestimmt. Dazu schwenken Jugendliche rund 2000 mitgebrachte Deutschland- und Bayernfahnen unter dem weiß-blauen Himmel über dem Münchner Marienplatz.

Den ganzen Tag über gibt es über die Stadt verteilt ein umfangreiches Rahmenprogramm. Blaskapellen und Bands spielen, auf dem Odeonsplatz haben die Pfadfinder ein Zeltlager aufgebaut. Auf besonderes Interesse trifft das offene Mariensingen, bei dem auch neue Marienlieder erprobt werden. An Ständen und auf Bühnen haben Verbände und Gruppen Gelegenheit, ihre Arbeit vorzustellen.

Früh aufgebrochen

Ein Bus des Würzburger Pilgerbüros ist an diesem Tag bereits kurz nach 5 Uhr in Bad Neustadt aufgebrochen, um in Werneck und Würzburg noch Pilger aufzunehmen. Die Schläfrigkeit mischt sich mit froher Erwartung. Während die Sonne langsam aufgeht, stimmen sich die Pilger gemeinsam mit Wallfahrtsseelsorger Josef Treutlein, dem Initiator des Fränkischen Marienwegs, auf das Großereignis ein und alle beten sie den „Freudenreichen Rosenkranz“ und singen fränkische Lieder. „Frankenland ist Marienland“, erklärt Treutlein und schmunzelt zufrieden.

Nachdenkliches

Es gibt unter den Mitfahrern jedoch auch nachdenkliche Gedanken: München, ehemals Herz des Katholizismus, sei heute keine katholische Stadt mehr, sagt Treutlein. Zu diesem Ergebnis komme ein Artikel, der sich auf eine geistige Bestandsaufnahme des späteren Papstes Benedikt XVI. für seine Heimat bezieht. Kaum mehr als 30 Prozent der Menschen seien dort heute noch Katholiken. Davon besuchte wiederum nur ein Bruchteil regelmäßig den Sonntagsgottesdienst. Mehr als die Hälfte sei ohne Glaubensbekenntnis.

Nicht so im Bus nach München. Viele der Reisenden kennen sich, manche nehmen an der Männerwallfahrt nach Vierzehnheiligen teil oder sind regelmäßig auf dem Fränkischen Marienweg unterwegs. Ehepaare, Freunde, aber auch Alleinreisende sind dabei. Eine Frau, deren Kinder als Ministranten mitwirken und die schon früher nach München gefahren sind, hat kurzerhand einen älteren, gehbehinderten Herrn aus ihrer der Lieben Frau geweihten Pfarrei mitgenommen. Nach Lourdes, Fatima und Medjugorje, den Orten, an denen Maria erschienen sein soll, ist es für sie keine Frage, die Gottesmutter auch in München zu verehren. Ein Paar zeigt ein Foto mit seinen Kindern und inzwischen fünf Enkelkindern. „In den Fürbitten wenden wir uns so oft an Maria, heute wollen wir ihr nur einfach mal Danke sagen.“ Viele nutzen später die unerwartete Gelegenheit, Bischof Friedhelm, der sich gemeinsam mit Weihbischof Ulrich Boom in München den Wallfahrern angeschlossen hat, zu seinem 75. Geburtstag zu gratulieren, den am Vortag begangen hat.

Miesbacher Tracht?

Für einen besonderen Farbtupfer sorgt eine Vierergruppe. In ihren echten Miesbacher Trachten wirken die Kleinwallstädter vom Untermain bayerischer als die Bayern selber. In die Nähe Aschaffenburgs hatten diese Tracht Gastarbeiter aus dem damals armen Südbayern gebracht, als sie in den 1930er Jahren zum Bau der Mainschleusen angeheuert wurden. „Wir hatten Müh und Not vom Marienplatz wieder runterzukommen“, erklärt Hermann Gerhart vom Trachtenverein Almrausch, so oft seien sie fotografiert worden.

Mehr als nur ein Pflichttermin ist die Feier der Patrona Bavariae auch für die Marianische Männerkongregation Aschaffenburg, eine von 15 in Bayern. Gegründet in der Zeit der Gegenreformation, haben sie sich dem Laienapostolat verschrieben: „Maria ist uns Mittlerin auf dem Weg zu Gott“, erklärt Marcus Weber. Diesem Bekenntnis können sich wohl alle Pilger anschließen. Sie erleben einen Tag, der ihnen noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Christian Ammon
Karin Hammermaier
aus dem Würzburger katholischen Sonntagsblatt, Dagmar Wallrapp

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